Pädagogisches Konzept

Die „Wahrsmannshof- Natur und Umweltbildung am Reeser Meer gGmbH“ ist als außerschulischer Lernort Bildungspartnerin für Einrichtungen entlang der gesamten Bildungskette sowohl im formalen wie nonformalen Kontext. Dabei orientieren wir uns an dem Konzept einer Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) mit dem Ziel, BNE strukturell in der Bildungslandschaft und Gesellschaft zu veran­kern. Unsere Einrichtung liegt eingebettet zwischen Rhein und mehreren Baggerseen und verfügt über einen eigenen großen Hofteich. Unsere Schwerpunktthemen sind entsprechend die ganzheitliche Betrachtung von Gewässern, ihre ökologische Bedeutung sowie Wasser als Rohstoff und Ressource.

Inhaltliche Ausrichtung

Bei der Auswahl und der Entwicklung unserer Bildungsangebote greifen wir vielfältige Themen auf. Insbesondere liegt dabei der Fokus auf ökologischen Inhalten, speziell dem Leben in und am Wasser. In unseren Veranstaltungen steht die Vermittlung von Artenkenntnis und der Schutz der Biodiversität und von Ökosystemen im Vordergrund. Unsere bis vor wenigen Jahren weitgehend naturpädagogisch orientierten Veranstaltungen haben wir im Sinne einer BNE um multiperspektivische Betrachtungs­weisen ergänzt.  Wir betrachten zukunftsrelevante Fragestellungen, wie die Verfügbarkeit und Nutzung natürlicher Ressourcen und die Auswirkungen der Klimaveränderung. Es entstehen dabei auch Querverbindungen zu ökonomischen und sozialen Belangen. Beispielsweise werden die Ein­flüsse und wirtschaftlichen Interessen durch den Menschen bei der Landnutzung (Landwirtschaft, Rohstoffgewinnung, Jagd) dargestellt. Soziale Aspekte finden insbesondere im Hinblick auf Konsum- und Verteilungsgerechtigkeit Berücksichtigung. Darüber hinaus stellen wir Möglichkeiten einer nach­haltigen Lebensweise dar und eröffnen Handlungsoptionen auf dem Hintergrund der Lebens­umstände unserer Teilnehmenden. Die Komplexität und Struktur einer Veranstaltung orientiert sich stets an der Zielgruppe. Unser Spektrum reicht von -zweistündigen Einheiten für den Elementar­bereich, die Grundschule oder Menschen mit Unterstützungsbedarf bis zu Tagesveranstaltungen für weiterführende Schulen, Hochschulen und im Bereich der Erwachsenenweiterbildung.

Natur für alle

Wir möchten allen Menschen die Teilnahme an unseren Bildungsprogrammen ermöglichen. Das umfasst sowohl die Altersstufe (von der Vorschule bis zum Seniorenalter), den Bildungsgrad (von der Förderschule bis zum Gymnasium/Hochschule) als auch die mögliche Behinderung der Teilnehmen­den, z.B. Mobilitätseinschränkungen, Sehbehinderungen oder Lernschwierigkeiten. Hier arbeiten wir mit verschiedenen Hilfsmitteln zur Barrierefreiheit (z.B. der Joelette, einer geländegängigen Roll­sänfte), verschiedenen taktilen Methoden oder der Leichten Sprache. Menschen aller Kulturen und Herkunft sind herzlich willkommen. Wir möchten zudem unser Bildungsangebot möglichst kostenfrei anbieten. Unser naturnahes Außengelände wie auch unser Seminarraum sind so angelegt, dass sich Menschen mit Behinderungen ohne Erschwernis oder fremde Hilfe bei uns bewegen können, Tische sind zudem höhenverstellbar und Wege und Sanitärräume nach DIN Normen zur Barrierefreiheit gebaut. Diese Haltung wird durch eine Kooperation mit der Lebenshilfe Unterer Niederrhein und eine NRW-Bildungspartnerschaft mit einem Förderzentrum des Kreises Kleve manifestiert.

Perspektivwechsel

Uns ist es wichtig, bei der Darstellung gewählter Themen multiperspektivisch vorzugehen. Unsere Besuchenden erhalten Informationen, die lokale sowie, wenn von Bedeutung, globale Sichtweisen repräsentieren. Wo es relevant ist, werden generations- und kulturgeprägte Perspektiven gezeigt. Beispielsweise regen wir die Teilnehmenden beim Unterrichtsmodul „Ökosystem Baggersee“ an, das Spannungsfeld zwischen ökonomischer Kiesgewinnung und ökologischer Nutzung – Natur aus zweiter Hand – aus unterschiedlichen Interessenlagen zu betrachten, zu analysieren und zu be­urteilen. Bei Bildungsangeboten rund um Konsum und Ressourcennutzung werden globale Zusammenhänge verdeutlicht. Zum Beispiel wird im Unterrichtskonzept „Virtuelles Wasser“ die Wechselwirkung zwischen unserer Einkaufsgewohnheiten und der Wasserverknappung in anderen Ländern dargestellt. Wir möchten also verdeutlichen, dass unser lokales Handeln unter Umständen auch Auswirkungen auf der globalen Ebene hat.

Nachhaltiges Handeln fördern

Um nachhaltiges Handeln zu stärken und anzuregen, agiert unsere Einrichtung in verschiedenen BNE-Handlungsfeldern. Lehrenden und Lernenden schaffen wir durch die unmittelbare Begegnung mit der Natur und deren sinnliches Erleben eine Lernumgebung, die Raum für das eigene forschende Tun schafft. Besuchende sollen befähigt werden, sich komplexe Themen zu erschließen, zu analysieren und zu einer eigenen Bewertung zu gelangen. Unser Ziel ist es, den Transfer von nachhaltigen Lösungen in die jeweilige Lebensrealität unserer Besuchenden zu begleiten und sich ihrer Selbst­wirksamkeit bewusst zu machen. Dazu stimmen wir unsere Veranstaltungen zielgenau auf die Be­dürfnisse der jeweiligen Gruppe ab. Schulklassen bieten wir interdisziplinäre, dem Lehrplan ange­passte Angebote, die sich in der Umsetzung an den in der BNE-Leitlinie definierten Merkmalen von BNE Lernprozessen orientieren. Beispielsweise werden anhand von eigenen Mess- und Be­obachtungsergebnissen Problemstellungen und Konflikte beschrieben und fachlich und überfachlich vernetztes Wissen erworben. Die Teilnehmenden lernen, ihr Handeln und dessen Konsequenzen zu bedenken. Darüber hinaus agieren wir auf lokaler Ebene als Netzwerkpartnerin mit anderen außer­schulischen Einrichtungen und organisieren in diesem Rahmen den Austausch und Fortbildungen zu BNE relevanten Themen. wie zum Beispiel die Roadmap „BNE 2030“. Durch eine fundierte Zu­sammenarbeit mit Trägern der Jugendhilfe können wir gezielt Veranstaltungen zur Stärkung der Jugend verwirklichen. Unsere Einrichtung überprüft und entwickelt sich im Rahmen der BNE-Zertifizierung NRW selbst stetig weiter und beteiligt sich aktiv und mitgestaltend im BNE-Landes­netzwerk NRW.

Methodenvielfalt

Wir wenden zur Vermittlung unserer pädagogischen Inhalte abwechslungsreiche, zielgruppen­spezifische und einprägsame Methoden an. Insbesondere legen wir Wert auf handlungsorientiertes Lernen. Im Elementar- und Grundschulbereich erleben Teilnehmende vor allem die Natur mit allen Sinnen und entdecken diese forschend. Viele Angebote beinhalten Kleingruppenarbeit, selbst­organisiertes und kooperierendes Lernen an Stationen. Kreative, spielerische oder künstlerische Frequenzen runden die Module ab. Plan- und Rollenspiele werden angewendet, um Teilnehmende mit verschiedenen Betrachtungsweisen in Verbindung zu bringen. In unseren Modulen zum Land­schaftsgestalter Biber und zur Rohstoffgewinnung vertreten Schülerinnen und Schüler verschiedene Interessengruppen und erkennen ihre Teilhabe zur Lösungsfindung. Den Einsatz von digitalen Medien und Apps sehen wir als ergänzende Möglichkeiten an, Inhalte zu transportieren. Wissenschaftliches Arbeiten ist durch eine gute Ausstattung mit Untersuchungsgeräten wie Stereolupen, Mikroskopen und Wasseranalysegeräten möglich. Für Gewässeruntersuchungen und für das Modul zur Entstehung von künstlichen Seen durch Rohstoffgewinnung steht ein barrierearmes Untersuchungsboot zur Verfügung, das Gruppen ein unmittelbares Forschen und Erleben auf dem Wasser ermöglicht. Insge­samt streben wir interagierende Lernsettings an. Durch die Kooperation mit der Universität Siegen, Abteilung Didaktik der Biologie, erfahren Unterrichtsmodule und die angewendete Methoden einen zusätzlichen professionellen Blick von außen.

Partizipation, Reflexion und Evaluation

Während der Veranstaltungen sind wir als Lernbegleitung im ständigen Austausch mit unseren Ziel­gruppen über das gerade Erlebte, Problemstellungen der Arbeitsaufträge oder erste Ergebnis­analysen. Wir nehmen dabei eine offene Haltung ein. Neue Fragestellungen durch die Teilnehmen­den, die Mitgestaltung des Veranstaltungsverlaufs, Formulierungen von Konflikten und eigenen Er­kenntnissen sind ausdrücklich erwünscht. Unsere Bildungseinheiten beinhalten Abschluss­besprechungen und Präsentationen von Ergebnissen durch die Zielgruppen selbst. Wir sind zudem offen für Wünsche, Bedürfnisse und Fragen der Teilnehmenden vor, während und nach der Durch­führung eines Bildungsmoduls. Veranstaltungen werden also immer situativ und individuell durch­geführt. Direkte Reflexionen zum Abschluss sind wichtiger Bestandteil unserer Bildungsarbeit. Die Veranstaltungsqualität wird darüber hinaus anhand eines Online-Bewertungsbogens evaluiert. Gruppenleitungen haben die Möglichkeit, sowohl die Inhalte, den Leitungsstil, die Transfer­möglichkeiten in den Unterricht bzw. Alltag und den BNE-Bezug des Konzepts zu bewerten.

 

Lernziele

Wichtige Säulen unserer pädagogischen Ausrichtung bilden die Lehrpläne des Landes Nordrhein-Westfalens, die „Leitlinie für Bildung für nachhaltige Entwicklung“ des Ministeriums für Schule und Bildung NRW von 2019 und die Agenda 2030 der Vereinten Nationen, bei der 17 globale Nachhaltig­keitsziele (sustainable development goals, kurz SDGs) formuliert wurden. Unser Bildungsangebot lässt sich im Schwerpunkt den Zielen „Sauberes Wasser und Sanitäranlagen“ (SDG 6), „verant­wortungsvoller Konsum“ (SDG 12), „Maßnahmen zum Klimaschutz“ (SDG 13), „Leben unter Wasser“ (SDG 14) und „Leben an Land“ (SDG 15)zuordnen. Als BNE-zertifizierte Einrichtung verstehen wir uns selbst als Anbieter von Hochwertiger Bildung (SDG 4), die außerdem einen Beitrag zur Geschlechter­gerechtigkeit (SDG 5) und Inklusion (SDG 10) leistet. Wir streben an, Menschen dazu zu befähigen, sich der Möglichkeiten ihrer Teilhabe in der Gesell­schaft bewusst zu werden und damit auseinanderzusetzen. Folgen des eigenen und gesellschaftli­chen Handelns, jetzt und in der Zukunft, sollen erkannt und beurteilt werden können. Auf der Grundlage breit gefächerter Informationen (unter Berücksichtigung verschiedener Perspekti­ven und Dimensionen), wollen wir Sach-, Sozial-, und Selbstkompetenzen unserer Zielgruppen stärken, die auf die Fähigkeit der Mitgestaltung, Partizipation, Antizipation und Selbstwirksamkeit abzielen. Darauf aufbauend sollen Teilnehmende Chancen und Lösungsbeiträge analysieren und entwickeln können, sowie Herausforderungen, Dilemmata und Zielkonflikte erkennen lernen. Wir möchten unsere Teilnehmenden bestärken, Verhaltensnormen und eigene Werte zu reflektieren. Die Mündigkeit der Besuchenden steht dabei stets im Vordergrund.